Abgeordnetenspalte:
Zum Fundament Verantwortung

22. November 2024

Dieser Text erschien am 22. November 2024 im Schwäbischen Tagblatt in der Rubrik „Abgeordnetenspalte“.

Ob an der Spitze von Unternehmen oder Verwaltungen, ob in Führungsgremien von Vereinen oder Kirchengemeinden – so viele Menschen übernehmen in unserer Gesellschaft aus freien Stücken Verantwortung. Damit treffen sie tagtäglich Entscheidungen und haben für die Folgen ihres Handelns einzustehen.


Was für all diese Verantwortungsträger gilt, muss in besonderem Maße für Menschen gelten, die politische Verantwortung übernehmen. Ohne Zweifel ist Verantwortung das Fundament unserer Demokratie. Deshalb wiegt besonders schwer, was wir nun dank guter journalistischer Recherche über die FDP-Spitze in Berlin erfahren haben. Mit berechnendem Kalkül hat Christian Lindner das Ampel-Aus erzwungen und sich der Verantwortung entzogen, die Politikerinnen und Politiker übernehmen, wenn sie gewählt werden und eine Koalition eingehen. Mehr noch: Die FDP-Spitzenpolitikerinnen und -politiker bezeichneten den Plan, aus der Regierung entlassen zu werden, als D-Day und verglichen damit das Ende der Ampel-Regierung mit dem Kampf der Alliierten gegen die Nazis. Welch geschichtsvergessene Anmaßung.


In Tübingen nehme ich die FDP hingegen seit jeher als konstruktiv und verantwortungsbewusst wahr, und mit liberalen Sozialpolitikerinnen und -politikern arbeite ich im Land vertrauensvoll zusammen. Umso mehr enttäuscht die Nachricht über die wochenlangen Vorbereitungen zum Bruch der Ampel unter Lindner – weil Vertrauen verspielt und parteipolitisches Interesse über die Interessen der Bürgerinnen und Bürger gestellt wurde. 


Nun wird es aller Voraussicht nach zu Neuwahlen im Bund kommen. Und egal wie diese ausgehen – anschließend werden wir wieder um demokratische Mehrheiten ringen, politische Parteien mit unterschiedlichen programmatischen Konzepten müssen dann in der Lage sein, über politische Lager hinweg miteinander zu arbeiten. Es gibt die Erwartung, dass wir pragmatische Lösungen finden und uns den großen Aufgaben unserer Zeit widmen. 


Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden wir zu jeder Zeit staatspolitische Verantwortung wahren und trotz intensiven inhaltlichen Auseinandersetzungen mit den Mitbewerberinnen und Mitbewerbern immer an einem respektvollen Umgang festhalten. Das sind wir unserer Demokratie schuldig.