16. Juni 2023
Dieser Text erschien am 16. Juni 2023 im Schwäbischen Tagblatt in der Rubrik “Abgeordnetenspalte”
Menschen, die körperlich, psychisch oder sozial auf Hilfe angewiesen sind, zu pflegen, ist eine der wertvollsten beruflichen Aufgaben in unserer Gesellschaft. Gleichzeitig ist der Fachkräftemangel in kaum einem Beruf dramatischer – und das bei einer immer drängenderen demografischen Entwicklung. Deshalb braucht die Pflege die volle politische Aufmerksamkeit, aber im Land tut sich seit Jahren kaum etwas. Denn die Zahl der Pflege-Azubis im Ländle geht im Unterschied zum Bundestrend zurück. Ausbildungswillige Einrichtungen finden für potentielle Azubis nicht genügend Plätze für die externen Praxiseinsätze insbesondere in der Kinderkrankenpflege. Oder es fehlen wegen des Lehrkräftemangels die Plätze an Pflegeschulen, um eine weitere Klasse aufzumachen. Eine Lösung für den gestörten Übergang aus der Pflegehilfeausbildung in die Fachkraftausbildung hat die Landesregierung trotz dringender Rufe aus der Praxis bislang nicht vorgelegt. Die SPD hat bereits vor einem Jahr einen Gesetzentwurf zur Pflegeassistenz im Landtag eingebracht. Grün-Schwarz sitzt in Baden-Württemberg vor dem Pflegenotstand wie die Maus vor der Schlange.
Gleichzeitig sind die Zuzahlungen in den Heimen auf Rekordwert, Tages- und Kurzzeitpflegeplätze fehlen im ganzen Land und gehen teilweise sogar zurück. Bis 2040 fehlen über 130.000 Pflegekräfte in Vollzeit.
Der große pflegepolitische Wurf der Landesregierung soll die Einrichtung einer Pflegekammer sein. In dieser müssen Menschen, die in der Pflege arbeiten, Mitglied werden und so eine schlagkräftige Selbstverwaltung organisieren. Pflegekammern sind jedoch unter den Beschäftigten hochumstritten, sie werden in den unterschiedlichen Generationen der Pflegenden sehr unterschiedlich bewertet und von Gewerkschaften abgelehnt.
Statt mit solchen Spaltpilzen noch mehr Unruhe in die Pflege zu bringen, sollte das Land endlich handeln: Es braucht Entlastung bei den Heimkosten. Wir müssen in der Kurzzeit- und der Tagespflege deutlich mehr investieren und fördern. Und es braucht mehr Engagement in der Pflegeausbildung, auch in den Helferberufen sowie eine bessere Pflegeberatung und -planung.