11. Oktober 2024
Dieser Text erschien am 11. Oktober 2024 im Schwäbischen Tagblatt in der Rubrik „Abgeordnetenspalte“.
Anfang September sorgte der Teil-Einsturz der Carolabrücke in Dresden für Schlagzeilen und auch in Baden-Württemberg liegt einiges im Argen: Von Deutschlands 100 am stärksten angeschlagenen Autobahnbrücken liegen allein 16 im Südwesten. Der Sanierungsbedarf für Brücken und Landesstraßen liegt hier bei rund 1,8 Milliarden Euro. Zurecht will Stuttgart jetzt mehr Tempo bei Brückensanierungen machen und hat für 31 der circa 730 sanierungsbedürftigen Brücken eine gesammelte Ausschreibung gestartet. Zu den Landesstraßen schweigt das Land, aber wir brauchen eine Garantie, dass alle Straßen und Brücken im Land sicher und befahrbar sind.
Auch abseits der Straße sieht es nicht gut aus: Der Zugverkehr leidet unter einer Infrastruktur aus den 70ern; den Stuttgarter Hauptbahnhof kann ein schlecht platzierter Luftballon lahmlegen; in den (Hoch-)Schulen bröselt der Putz von der Decke; beim Ausbau der Elektroladeinfrastruktur hinken wir hinterher und die Internetverbindung ist in vielen Gegenden immer noch nur im Schneckentempo verfügbar. Kurzum: Unsere Infrastruktur – die Lebensader von Wirtschaft und Gesellschaft – ist marode.
Dresden hat es allen vor Augen geführt, in Baden-Württemberg haben Wirtschaftsvertreter*innen und Opposition diese Probleme schon lange angemahnt. Auf viele Stadtwerke im Land kommen Investitionen im dreistelligen Millionenbereich zu. Die Kosten für die Transformation von Wirtschaft, Mobilität und Energiegewinnung werden noch einmal deutlich höher. Das wird mit den haushaltspolitischen Fesseln nicht zu stemmen sein, die wir uns selbst angelegt haben. Die Schuldenbremse in Bund und Land, gedacht als Schutz künftiger Generationen vor Schulden und Zinsen, entpuppt sich als Zukunftsbremse. Was bringt ein ausgeglichener Haushalt, wenn der Preis dafür ein marodes Land ist? 500 Milliarden Euro werden wir in den nächsten Jahren zusätzlich brauchen, damit Deutschland wettbewerbsfähig, modern und sicher bleibt. Das kann sich unser Land nicht einfach absparen. Kritik an der Schuldenbremse kommt daher inzwischen auch aus Ecken, von denen man sie nicht erwarten würde, wie IHKen, OECD und Internationaler Währungsfonds. Digitalisierung, Dekarbonisierung und der Erhalt unserer Infrastruktur werden nur gelingen, wenn Schluss ist mit der Selbstblockade. Es braucht Ausnahmen von der Schuldenbremse für wichtige Investitionen in die Zukunft unseres Landes.