Abgeordnetenspalte:
Jetzt fehlen die Impfzentren

12. November 2021

Dieser Text erschien am 12. November 2021 im Schwäbischen Tagblatt in der Rubrik “Abgeordnetenspalte”.


„Die Lage ist ernst.“ So begann die Abgeordnetenspalte vom 20. März 2020, als an dieser Stelle Frau Widmann-Mauz zum ersten Mal zum Corona-Virus schrieb. Heute, eineinhalb Jahre später, kann ich diesen Satz eins zu eins übernehmen.

Anders als vor eineinhalb Jahren bin ich vom Ernst der Lage überhaupt nicht überrascht, schließlich wurde die Entwicklung der Pandemie in unserem Land genau so von Expert:innen vorausgesagt. Die vierte Welle ist in vollem Gange. Ein sich ständig selbst überbietendes Allzeithoch der Inzidenz in Baden-Württemberg, die nahende Ausrufung der Alarmstufe und die Situation in den Kliniken und auf den Intensivstationen zeichnen ein klares Bild.

Die Landesregierung und das Sozialministerium müssen diese Entwicklung gesehen haben. Mangelnde politische Vorbereitung führt dazu, dass wir erst in mehreren Wochen ein umfassendes Booster-Impfangebot an die Bevölkerung werden machen können. Jetzt rächt es sich, dass die Landesregierung die Impfzentren aus Kostengründen eingestampft hat. Für viele Ältere und Vorerkrankte ist der Erhalt der Auffrischimpfung der entscheidende Unterschied zwischen einem Winter in Angst vor dem Virus und einem Winter in Sicherheit.

Was also braucht es jetzt? Diese Woche haben wir im Landtag die Rückkehr der Maskenpflicht an den Schulen beantragt, dazu eine umfassende Testpflicht in Pflegeheimen für Immunisierte wie Nicht-Immunisierte. Auch konsequentere Kontrollen der geltenden Regelungen waren Teil unserer Forderungen, die leider keine Mehrheit fanden. Ich begrüße die Einführung von 3G am Arbeitsplatz und bin dazu auch mit den Gewerkschaften im Gespräch.

Wir in Tübingen können von Glück sagen, dass Uniklinik und DRK vor Ort mit einem Pop-Up-Angebot zur Stelle sind. Die Landesregierung muss ihrer Verantwortung gerecht werden und solche Impfangebote finanzieren. Wir brauchen permanente Impfmöglichkeiten vor Ort, die unabhängig von den Hausärzt:innen sind, wir brauchen eine effektive und flächendeckende Impfkampagne für Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen.

Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit (schwer) zu erkranken nochmal deutlich; die Wahrscheinlichkeit, dass in eineinhalb Jahren der bekannte erste Satz nicht nochmal die Abgeordnetenspalte einleitet, aber steigt.