Abgeordnetenspalte:
Hausgemachte Ausfälle

26. August 2022

Dieser Text erschien am 26. August 2022 im Schwäbischen Tagblatt in der Rubrik “Abgeordnetenspalte”


In wenigen Tagen beginnt in Baden-Württemberg das neue Schuljahr für viele Schüler*innen und Lehrer*innen. Ein neues Schulfach, das in den letzten Jahren zum Curriculum dazugekommen ist, scheint Krisenbewältigung zu sein: erst die Corona-Pandemie, dann mehr als 20.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine, die wir gut in unsere Schulen integrieren wollen. Leider treffen diese Herausforderungen auf eine weitere Krise: Lehrermangel. Der ist vollkommen hausgemacht. Das Stuttgarter Kultusministerium meldet, dass voraussichtlich mehrere hundert Stellen nicht besetzt werden. Die Folge? Unterrichtsausfall. Viele Lehrkräfte und Eltern berichten mir von Überforderung und Frust.


 Dabei ist es wenig überraschend, dass es immer weniger Lehrer*innen in Baden-Württemberg gibt. Denn statt mutig zu investieren, für ausreichend Krankheitsvertretungen und gute Arbeitsbedingungen zu sorgen, hat die Landesregierung an fast allen Schulformen im Land gespart und nur das Nötigste getan. Und wie man im Land der Häuslebauer weiß: Ein Haus, an dem man spart, wird irgendwann morsch. Ein aktuelles Beispiel: Auch dieses Jahr wurden rund 4.000 befristet beschäftigte Lehrer*innen in den Sommerferien in die Arbeitslosigkeit geschickt. Warum? Weil die Landesregierung sich so für 6 Wochen die Gehälter spart. Ein Land als guter Arbeitgeber stelle ich mir wirklich anders vor.


Besonders dramatisch ist die Situation an den Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). Auf 591 Stellen für Sonderpädagoginnen und -Pädagogen kamen nur 401 Bewerbungen. Und bei den sonderpädagogischen Fachlehrkräften kamen auf 137 freie Stellen nur 13 Bewerbungen. So ist Inklusion nicht zu schaffen. Und wie das Land den Ganztagsanspruch an Grundschulen, der ab 2026 greift, umsetzen will, weiß auch noch niemand.  


Das neue Schuljahr wird also erneut eine hausgemachte Herausforderung. Den vielen tausend Lehrer*innen und Schüler*innen wünsche ich dennoch einen guten Start ins neue Schuljahr.