Abgeordnetenspalte:
Gleichstellung ist elementar

27. Dezember 2024

Dieser Text erschien am 27. Dezember 2024 im Schwäbischen Tagblatt in der Rubrik „Abgeordnetenspalte“.

„Wir tun damit auch den Frauen keinen Gefallen.“ Das war das Argument des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, warum er eine paritätische Besetzung des Kabinetts ablehnt, also nicht zusagen will, dass es so viele Ministerinnen wie Minister gibt. Nein, Herr Merz, wir Frauen wollen von Ihnen keinen Gefallen. Es ist schlicht eine Selbstverständlichkeit, dass Frauen genauso wie Männer in der Lage sind politische Verantwortung zu übernehmen. Aber Merz sagt Frauen im Allgemeinen ja auch ein geringeres Selbstbewusstsein nach. Das Handelsblatt schreibt, Merz sei für Frauen unwählbar geworden. Da hilft es auch nichts, wenn Merz jetzt in der Bunten bekundet: „Ich liebe die Frauen – meine besonders.“ Für Kanzler Scholz ist klar, dass wir Frauen keinen „Gefallen“ brauchen, dass Frauen endlich für die gleiche Leistung gleich viel verdienen müssen wie Männer, dass Sorgearbeit auch was für Männer ist, dass wir viel konsequenter gegen Gewalt gegen Frauen vorgehen müssen und – ja – dass Schwangerschaftsabbrüche nicht ins Strafgesetzbuch gehören.


Die vorgezogene Neuwahl für den Bundestag wird also auch für die Gleichstellung eine Richtungsentscheidung.


In der Politik selbst sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Im Bundestag liegt der Frauenanteil bei nur knapp 35 Prozent. In unserem Landtag in Baden-Württemberg sieht es noch düsterer aus. Aufgrund des neuen Landtagswahlrecht dürfte sich das deutlich verändern. Aber es bleibt vorerst dabei, dass die Landespolitik in der ersten Reihe von Männern geprägt wird.


In Baden-Württemberg sind wir bei vielen Kennzahlen zur Gleichstellung bundesweit Schlusslicht. Nirgends ist der Gender-Pay-Gap so groß wie hier, in vielen Führungsetagen gibt es keine einzige Frau.


Wir brauchen endlich eine gleichstellungspolitische Agenda für Baden-Württemberg. Der Mangel an Kitaplätzen schadet der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Von den 8,4 Millionen Teilzeitstellen in Deutschland sind 6,9 Millionen von Frauen besetzt. Wir müssen die Erwerbsquote von Frauen erhöhen. Ein Beitrag dazu kann sein, dass mehr Männer in Teilzeit arbeiten.


Gleichstellung ist keine Nebensache, sondern elementar für eine gerechte und zukunftsfähige Gesellschaft und Wirtschaft.


Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben einen guten Start ins Jahr 2025, dass Sie gesund bleiben oder werden und dass wir gemeinsam weiterhin unsere freiheitliche und demokratische Gesellschaft verteidigen.