Dieser Text erschien am 17. Mai 2024 im Schwäbischen Tagblatt in der Rubrik „Abgeordnetenspalte“.

Am 9. Juni entscheiden die Bürgerinnen und Bürger, wer sie in den Gemeinderäten und Kreistagen die nächsten fünf Jahre vertreten wird. So wichtig die Kommunalwahlen auch sind: Gleichzeitig findet eine beispiellose Richtungswahl statt. Denn rund 350 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger entscheiden über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, in Deutschland erstmals sogar Sechzehnjährige.

Eine starke und geeinte EU ist heute wichtiger denn je, denn die großen Herausforderungen unserer Zeit lassen sich nur europäisch lösen. Sei es der Klimawandel, die Digitalisierung oder die Transformation unserer Wirtschaft, die Weichen können nur in Brüssel gestellt werden, wenn sich global etwas ändern soll. Deshalb geht es bei dieser Wahl um Stabilität, Freiheit, Frieden, Demokratie und auch um unseren Wohlstand. Denn kaum eine Region ist so angewiesen auf Europa wie das exportorientierte Baden-Württemberg.

Rechte Parteien wollen uns weismachen, dass Europa ein Nachteil sei, und plädieren für den Austritt aus der EU. Das wäre ein großer Schaden für unser Land und vor allem im Interesse von Peking und Moskau. Wir wissen: Das genaue Gegenteil ist der Fall; nur gemeinsam können die europäischen Staaten sich auf der Weltbühne neben die USA, China und Russland behaupten. Nur gemeinsam kann es Europa gelingen Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität umzubauen und für gute Arbeitsplätze zu sorgen. Nur gemeinsam können wir den technologischen Wandel gestalten.

Und nein, das heißt nicht, die Europäische Union sei perfekt. Zu oft werden Entscheidungen in intransparenten Kompromissen getroffen, es fehlt der Mut für den großen Wurf. Zu oft scheitern unsere Werte und Überzeugungen am Zynismus einzelner Staaten. Und zu oft ist das Demokratiedefizit in Europa deutlich spürbar. Aber Fortschritt wird es beim europäischen Projekt nur geben, wenn es weiterhin pro-europäische Mehrheiten gibt. Das Europäische Parlament ist die Herzkammer der transnationalen europäischen Demokratie. Falls die politische Rechte hier am Ende an Einfluss gewinnt, wird Politik in Brüssel nur zaghafter, farbloser und schwieriger statt mutiger und entschlossener. Aber wir brauchen mutige und entschlossene Politik, wenn wir ein geeintes, friedliches und starkes Europa wollen.