21. Januar 2022
Dieser Text erschien am 21. Januar 2022 im Schwäbischen Tagblatt in der Rubrik “Abgeordnetenspalte”.
In der ganzen Republik schallt es eine Botschaft, landauf landab: „Lassen Sie sich boostern!“ Und tatsächlich kommen wir mit dem Boostern recht gut voran.
In der ganzen Republik? Nein, in Baden-Württembergs Pflegeheimen – dort wo die vulnerabelsten Menschen leben – ist die Impfkampagne des Landes erlahmt. Das Land steckt am Beginn der Omikron-Welle. Dennoch ist aktuell jede*r dritte im Pflegeheim Lebende nicht mit einer Auffrischungsimpfung geschützt. Das ist eine deutlich niedrigere Quote als in anderen Bundesländern. Zum Vergleich: In Rheinland-Pfalz sind 85 Prozent aller Pflegeheim-Bewohner*innen geboostert.
Die Folge? In zwei badischen Pflegeheimen sind jüngst 14 Menschen gestorben. In Rastatt musste das Technische Hilfswerk helfen, weil auch Pflegekräfte als Infizierte ausgefallen waren. So lange, bis sich die ersten THWler*innen ansteckten und der Hilfseinsatz beendet werden musste.
Der grüne Sozialminister Manne Lucha meint nun, das Problem seien allein die Bewohner*innen, die sich einfach nicht impfen lassen wollen und belässt es bei Appellen. Aber die Zahl von 91,2 Prozent Erstimpfungen in Pflegeheimen und Meldungen, die wir bekommen, zeigen, dass die Verantwortung nicht allein bei den Impfunwilligen liegt.
In der Sondersitzung des Sozialausschusses habe ich Minister Lucha vorgeworfen, dass die Booster-Kampagne in manchen Heimen nicht richtig angekommen ist und nie konsequent genug umgesetzt wurde. Und jetzt stehen wir mitten in der Omikron-Welle da – ein coronapolitisches Déjà-vu. Ich mache mich deshalb im Landtag dafür stark, dass die Pflegeeinrichtungen offenlegen, wie viele Bewohner*innen und Beschäftigte einfach, zweifach und dreifach geimpft sind. Wir brauchen eine engmaschigere Kontrolle der Einrichtungen mit schlechten Impfquoten.
Bis es soweit ist und in Baden-Württemberg endlich mehr passiert als bloße Appelle – oder der Bund eine Impfpflicht einführt, für die ich mich für Erwachsene ebenfalls ausspreche – kann ich nicht mehr tun als zu sagen: „Lassen Sie sich boostern!“ Und als Oppositionspolitikerin werde ich dem Sozialminister weiter auf die Finger schauen.